
Wenn wir das vermeintlich Selbstverständliche hinterfragen, verändert sich unser Blick auf die Welt. Woher wissen wir, was wir fühlen sollen und was nicht? Warum erhalten unsere Körper Bedeutung? Helen Ahner erforscht die Träume, Erzählungen, Handlungen, Regeln und Strukturen, die unser Leben prägen, indem sie mit einem Brennglas auf das Alltägliche und Normale schaut. Derzeit widmet sie sich Gefühlen im Sport und untersucht, wie sich der Ehrgeiz von Frauen in den letzten hundert Jahren verändert hat.
In Archiven stieß sie auf Zeitungsartikel der 1920er-Jahre, die debattierten, ob Frauen für den Wettkampfsport geeignet seien. Aus heutiger Sicht eine irritierende Diskussion. Aus diesem Grund begann Helen Ahner, die historischen Hintergründe solcher Diskussionen und den Wandel von Leistungsnormen und -gefühlen zu erforschen. Ihr Ziel: den heutigen Alltag und die historischen Zusammenhänge besser zu verstehen. Am Beispiel von Sportlerinnen zeigt Helen Ahner, wie die veränderte Wahrnehmung des Körpers und der damit verbundenen Gefühle letztlich dazu führte, gesellschaftliche Regeln zu hinterfragen und zu ändern.
Die Irritation dient ihr als erkenntnisleitendes Gefühl, das neue Fragen eröffnet. Ihr Untersuchungsgegenstand, das Alltägliche und vermeintlich Banale, birgt selbst Irritationspotenzial. Immer wieder muss sie erklären, warum Populärkultur, Rituale oder Alltagsobjekte wissenschaftlich relevant sind. Dabei sind es gerade die kleinen Dinge, in denen sich das große Ganze spiegelt und konkret wird: Fußballschuhe, die drücken, weil sie für männliche Normkörper hergestellt wurden, joviale Witze über aerobicwütige Hausfrauen, die den sportlichen Eifer als eitlen Zeitvertreib diffamieren, und Girlboss-Accessoires, die weibliches Leistungsstreben als Lifestyle kapitalistisch vermarkten, sprechen Bände über die Aushandlung gesellschaftlicher Teilhabe und Ehrgeiz im Alltag.
In Kooperation mit der Jungen Akademie
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Helen Ahner
Helen Ahner ist Assistenzprofessorin am Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien. Sie forscht zu Gefühlen, Körpern, Dingen und Erfahrungen in historischer und gegenwärtiger Perspektive. Ahner studierte und promovierte am Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen. Danach arbeitete sie drei Jahre am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung im Bereich Geschichte der Gefühle. Seit Juni 2024 ist sie Mitglied der Jungen Akademie.
Anmeldung
Irritieren Sie mich am 6. Mai 2025, 19 Uhr (Einlass 18:30 Uhr)
Hinweis zu Film- und Fotoaufnahmen
Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass bei unseren Veranstaltungen Fotos- und/oder Filmaufnahmen gemacht werden. Teilnehmer:innen erklären sich damit einverstanden, dass Foto- und Filmaufnahmen von ihnen während der Veranstaltungen gefertigt werden. Sie sind mit einer zeitlich und räumlich unbeschränkten Nutzung dieser Aufnahmen durch die Stiftung und ihre Kooperationspartner einverstanden.
Gesprächsreihe Irritieren Sie mich
In unserer Gesprächsreihe wollen wir uns gemeinsam mit dem Publikum durch ungewöhnliche Forschungsfragen, originelle Herangehensweisen und neueste Erkenntnisse irritieren lassen. Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung mit einzelnen Forschungsthemen geht es uns um die grundsätzliche Frage, wie das „Neue“ in Wissenschaft und Forschung entsteht. Lernen Sie Wissenschaftler:innen kennen, die neue Wege gehen, uns mit ihrer Forschung herausfordern und frische Perspektiven für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn bieten.
Bild: picture alliance / REUTERS | Jason Cairnduff